Fahrradverleih
Fahrradverleih, Foto: pixabay

Das Leihsystem RegioRad steht vor dem Aus. Wegen hoher Kosten denken mehrere Städte über ein Ende der Kooperation mit dem Anbieter DB Connect GmbH nach. Ein neues Modell ist bereits in Planung.

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RegioRad in Ditzingen und Korntal-Münchingen nicht mehr tragbar

30 Städte in der Region Stuttgart haben bislang am Fahrradverleihsystem RegioRad teilgenommen. Doch viele Kommunen beklagen seit Jahren die hohen Kosten und sinkende Ausleihzahlen. Zum 30. November 2026 laufen alle Verträge mit dem aktuellen Betreiber, der DB Connect GmbH, gleichzeitig aus.

Die Landeshauptstadt Stuttgart, die das Projekt koordiniert, arbeitet nun an einem Nachfolgekonzept. Eine zentrale Rolle spielt dabei Ralf Maier-Geißer, Projektverantwortlicher der Stadt. Er prüft, ob das System unter neuen Bedingungen weitergeführt werden kann.

In Ditzingen wurden im ersten Halbjahr 2024 nur 212 Räder ausgeliehen – bei jährlichen Gesamtkosten von 70.000 Euro. Das bedeutet: die Stadt zahlt durchschnittlich 165 Euro pro Ausleihe. Ein wirtschaftlich kaum tragbares Modell. In Korntal-Münchingen liegt der Zuschuss pro Ausleihe bei 25 Euro – auch hier sehen die Verantwortlichen kaum noch Spielraum. Die Folge: Beide Städte haben angekündigt, aus dem System auszusteigen. Renningen (Kreis Böblingen) ist bereits früher ausgestiegen.

Ein weiteres Problem: Die Qualität der Leihfahrräder. Immer häufiger berichten Nutzer von defekten oder schlecht gewarteten Rädern. Auch das trägt zur Unzufriedenheit bei. Für viele Kommunen ist das System daher nicht nur teuer, sondern auch unattraktiv geworden.

Neues Konzept mit privaten Anbietern geplant

Ralf Maier-Geißer verfolgt die Idee, den Betrieb künftig in private Hände zu übergeben. Statt durch öffentliche Gelder sollen Anbieter eigenverantwortlich ein Mietsystem aufbauen. Kommunen würden sich dann aus der Finanzierung zurückziehen. Es wäre das erste Modell dieser Art in Deutschland – ein Pilotprojekt ohne öffentliche Subventionen.

Der Plan sieht vor, dass künftig ausschließlich Pedelecs angeboten werden. Klassische Fahrräder sollen ganz aus dem Verleih verschwinden. Damit möchte man das Angebot vereinfachen und auf moderne Elektromobilität setzen. Doch das birgt Risiken: Die Kommunen hätten keinen direkten Einfluss mehr auf Umfang und Qualität des Angebots.

Unternehmen zeigen Interesse am Pilotprojekt

Die Stadt Stuttgart hat ein sogenanntes Interessenbekundungsverfahren gestartet. Bis Ende Juni können sich interessierte Firmen melden. Ziel ist es, Anbieter zu finden, die ohne staatliche Zuschüsse einen flächendeckenden Pedelec-Verleih in der Region etablieren. Potenzielle Partner könnten laut Stadt Akteure wie Dott, Bolt, Lime oder Voi sein, die bereits Erfahrung im Bereich E-Scooter-Verleih haben.

Erste Signale deuten darauf hin, dass das Interesse groß ist. Viele Unternehmen haben sich laut Maier-Geißer die Unterlagen bereits abgeholt. Ob daraus konkrete Angebote entstehen, ist noch offen. Die Stadt Stuttgart hofft auf Synergieeffekte durch eine Kombination von E-Scootern und Pedelecs im Stadtbild.

RegioRad verlor nach starkem Start an Bedeutung

2018 startete RegioRad mit wachsendem Erfolg. Die Ausleihen stiegen zunächst über drei Jahre hinweg kontinuierlich an. Doch während der Corona-Jahre kam der Einbruch. Nur vereinzelt erholten sich die Zahlen danach. In vielen Gemeinden reichten die Ausleihzahlen nicht aus, um die Kosten zu rechtfertigen.

Stuttgart trägt derzeit den größten Anteil der Kosten – rund 850.000 Euro pro Jahr. Auch hier stellt die Verwaltung das Projekt auf den Prüfstand. Der städtische Haushalt lässt kaum noch Spielraum. Gleichzeitig ist der politische Druck groß, Alternativen für eine umweltfreundliche Mobilität bereitzustellen.

Liste der zentralen Probleme im bisherigen System:

  • Sehr hohe Kosten pro Ausleihe (bis zu 165 Euro)
  • Schlechter technischer Zustand der Leihfahrräder
  • Geringe Nutzung trotz hoher Subventionen
  • Keine ausreichende Steuerungsmöglichkeit durch die Städte
  • Rückzug mehrerer Kommunen aus dem Projekt

Die kommenden Monate werden entscheidend für die Zukunft des Fahrradverleihs in der Region Stuttgart. Sollte sich kein wirtschaftlich tragfähiges Modell finden, droht das endgültige Aus für RegioRad. Ein Erfolg des Pilotprojekts mit privaten Anbietern könnte dagegen Vorbildcharakter für ganz Deutschland haben.

Quelle: SWR